Kopfgrafik der Gedichte-AnzeigeZur Startseite von Lyrik-Lesezeichen

Das kleine Lyrik-Lexikon A-G

Dichter, sonstige erwähnte Personen und Fachbegriffe, die auf diesen Seiten auftauchen, in kurz-bündigen Erklärungen.
führt zu eigenen Themenseiten der betreffenden Stichworte.

A

Akrostichon - Der aus dem Griechischen (=Versspitze, 1. Buchstabe des Verses) stammende Begriff bezeichnet ein Gedicht, bei dem die aneinander gereihten Anfangsbuchstaben (seltener Anfangssilben oder -wörter) der einzelnen Verse oder Strophen ein Wort oder einen Satz ergeben. Es werden auf diese Art meist Anspielungen, Widmungen und Verfassernamen mitgeteilt, ob als virtuoses Spiel oder zur Verschlüsselung. Ein alphabetisches Akrostichon heißt Abecedarium.

Alexandriner - Eine gereimte Versform, die einen sechshebigen Jambus mit Mittelzäsur (nach der 3. Hebung) darstellt; Beispiel: Der schnelle Tag ist hin, die Nacht schwingt ihre Fahn ... (aus: Abend von Andreas Gryphius). Die durch die Mittelzäsur bedingte Neigung, diesen Vers in zwei Halbverse aufzuspalten, ließ ihn zum wirksamsten Metrum für kontrastive Epigramme und Sonette werden, weshalb er im Barock mit seiner Vorliebe für gedankliche und rhetorische Antithetik zum beliebtsten Vers wurde. Seine Anfänge liegen in der französischen Alexanderepik (daher der Name) des 12. Jahrhunderts; ab dem 16. Jahrhundert wird er in Frankreich vor allem durch die der klassizitischen Tragödie zum klassischen Metrum schlechthin. Der richtungsweisende Martin Opitz hat ihn 1624 zum Hauptversmaß deutscher Dichtung ernannt. Erst Mitte des 18. Jahrhunderts wurde er im Drama vom Blankvers, im Epos vom Hexameter verdrängt und wird kaum mehr benutzt.

Alliteration - auch Stabreim oder Anreim genannt, der Begriff wurde um 1500 von G. Pontanius geprägt. Ein rhetorisches Mittel, das den Anfangslaut der Stammsilben in einer Folge von Wörtern wiederholt, um einen besonderen und hervorhebenden Klangeffekt zu erzielen. Beispiele: trübe Tasse; manche Mode; echter Aal (Vokale alliterieren sämtlich miteinander). Nur betonte Silben alliterieren, also beispielsweise nicht Gewinn - Gefahr. - Im antiken Griechisch und Latein als Klang- und Schmuckmittel beliebt, ist die Alliteration in der germanischen Dichtung die älteste Form der Versbindung (Stabreim) und somit für die europäischen Literaturen doppelt traditionsgebunden. Über die vielfältigen Verwendungen in allen literarischen Gattungen hinaus ist die Alliteration ein bis zum Erbrechen für Schlagzeilen und Werbeslogans genutztes Stilmittel geworden.

Anagramm - Vom griechischen Wort für "umschreiben" abgeleitet, bezeichnet der Begriff das Umstellung der vorhandenen Buchstaben in eine andere Reihenfolge und mit neuem Sinn. Als Erfinder gilt Lykophron von Chalkis im 3. Jahrhunder v.u.Z., sowohl als Buchstabenspiel als auch in religiösen Geheimschriften wurde das Anagramm im gesamten Orient beliebt, in Europa seit dem 16 Jahrhundert häufig auch zur Verschleierung von Autorennamen genutzt.

Anakreonteia - Eine alexandrinische Sammlung von 60 Gedichten aus dem 1. Jahrhundert v.u.Z. bis in das 5. Jahrhundert n.u.Z., die dem griechischen Dichter Anakreon (6. Jahrhundert v.u.Z.) nachempfunden und lange fälschlich zugeschrieben wurde.

Gedichteauswahl:
Das Trinken (Faschingsgedichte und Fastnachtssprüche).

Anapäst - der, vom griechischen Wort für "aufgestoßen"; siehe Daktylus.

Angelus Silesius - Dezember 1624, Breslau - 9.7.1677, Breslau; eigentlich Johann Scheffler, das lateinische Pseudonym bedeutet "Schlesischer Bote". Sohn eines aus Polen ausgewanderten protestantischen Gutsbesitzers, Studium der Medizin mit Promotion, Leibarzt eines Herzogs, 1654 Titel des Kaiserlichen Hofmedikus. Nach seinem Übertritt zum Katholizismus erhielt er 1661die Priesterweihe, wurde als Hofmarschall des Fürstbischofs von Breslau zum Haupt der Gegenreformation in Schlesien; seit 1667 zurückgezogen in einem Breslauer Stift, starb an Schwindsucht. - Gilt als größter Dichter deutscher Barockmystik mit seinem Hauptwerk, dem Spruchbüchlein "Der Cherubinische Wandersmann". Außerdem schuf er teils noch heute lebendige volkstümliche Kirchenlieder, denen in seinen späteren Jahren eine Vielzahl religiöser Streitschriften voll Intoleranz und Konvertitenfanatismus gegenüber stehen.

Gedichteauswahl:
Das vermögende Unvermögen (Epigramme); Ohne warumb (Epigramme).

Anschütz, Ernst - 28.10.1780, Goldlauter bei Suhl - 18.12.1861, Leipzig. Pfarrerssohn, Theologiestudium, arbeitete 50 Jahre lang als Lehrer und Organist. Er schrieb und komponierte viele bekannte Volks- und Kinderlieder.

Gedichteauswahl:
Fuchs, du hast die Gans gestohlen... (Kinderlieder); O Tannenbaum... (Weinhnachtslieder).

Arnim, Achim von - 26.1.1781, Berlin - 21.1.1831, Wiepersdorf. Sohn eines Adeligen im preußischen Staatsdienst, Studium der Naturwissenschaften, Zusammenarbeit und Freundschaft mit wichtigen Vertretern der Romantik; zahlreiche Reisen und Teilnahme an den Kriegen gegen Frankreich, 1806-08 Herausgabe der epochemachenden Volksliedersammlung "Des Knaben Wunderhorn" zusammen mit Clemens Brentano, 1811 Heirat mit der Schriftstellerin Bettina Brentano, ab 1814 zurückgezogen meist auf seinem Landgut, plötzlicher Tod durch Nervenschlag. - Wichtiger Vertreter der Heidelberger und Hochromantik, als Lyriker weniger denn als Romanautor, Novellist und Dramatiker in Erscheinung getreten, wichtig als Publizist, Bearbeiter und Herausgeber. Seine große Fülle an Bildern und Einfällen vermochte er selten in adäquaten Formen zu gestalten, war am Erfolgreichsten mit historisierenden und phantastischen Erzählungen sowie Künstlernovellen.

Gedichteauswahl:
Das Wunderhorn (aus: Des Knaben Wunderhorn; Gedichte der Romantik); Ostern (Ostergedichte); Frommer Soldaten seligster Tod (aus: Des Knaben Wunderhorn; Kriegsgedichte); Wenn ich ein Vögelin wär... (aus: Des Knaben Wunderhorn; Gedichte der Romantik).

B

Baisch, Otto - 1840 - 1892. Lithograph, Maler und Autor.

Übersetzungen:
Alfred de Musset: Auf eine Tote (Französische Gedichte).

Ball, Hugo - 22.2.1886, Pirmasens - 14.9 1927, Sant' Abbondio/Tessin. Sohn eines Schuhfabrikanten, Studium der Philosophie und Soziologie, Regieausbildung. Er war ein wandlungsfähiger Lyriker, Dramatiker, Erzähler, Essayist, dazu Dramaturg, Journalist und Mitbegründer des Dadismus.

Gedichteauswahl:
Abschied (Abschiedsgedichte); Karawane (Kindergedichte).

BalladeBallade - Im deutschen Sprachraum eine Lyrikform, die epische und dramatische Elemente einbezieht. Ursprünglich als "ballata", "ballada", "balada" im romanischen Sprachraum seit dem 12. Jahrhundert ein Tanzlied mit Kehrreim, im mittelalterlichen Frankreich ein kunstvolles Lied mit strenger Form. In England versteht man unter "ballad" ein oft tragisches, erzählendes Lied. Nach Vorformen wie Moritat und Bänkellied wurde der Begriff "Ballade" in Deutschland erst um 1770 eingeführt, errang durch Bürgers Lenore (1773) sowie Goethes und Schillers "Balladenjahr" 1797 rasch großen Stellenwert.

Bartsch, Martin Friedrich Philipp - 1770-1833. Mehr als die Lebensdaten war über den Autor nicht in Erfahrung zu bringen.

Gedichteauswahl:
Morgen, Kinder, wird's was geben... (Weihnachtslieder).

Basho, Matsuo - 1644, Ueno in Iga - 12.10.1694, Osaka; eigentlich Matsuo Munefusa Basho. Der japanische Lyriker war Sohn eines niederen Samurai, studierte ab1666 in Kyôto die damals vorherrschende Haikai-Dichtung, chinesische Literatur und Kalligraphie. Er unternahm ausgedehnte Wanderfahrten, schrieb Reisetagebücher, beschäftigte sich mit Taoismus und praktizierte Zen. - Basho verkürzte und intensivierte die Lyrikformen seiner Zeit, kehrte sich von den Konventionen des Kettengedichtes ab und führte das alleinstehende 17-silbige Hokku ein, das unter dem Namen Haiku (geprägt erst Ende des 19.Jahrhunderts von Masaoka Shiki) das charakteristischste Gedicht der japanischen Literatur geworden und inzwischen weltweit verbreitet ist.

Gedichteauswahl:
Stille... (Sommergedichte, Haiku); Vollmond im Herbst... (Herbstgedichte).

Baudelaire, Charles - 9.4.1821, Paris - 31.8.1867 Paris. Studium der Rechte in Paris, wo er dann in Revolte gegen die bürgerliche Gesellschaft als Bohémien, Schriftsteller und Kunstkritiker lebte. 1857 wurde er wegen Gefährdung der Sittlichkeit verurteilt, nachdem sein berühmtestes und wirkungsreichstes Werk, der Gedichtszyklus "Les Fleurs du Mal" ("Die Blumen des Bösen") erschienen war. Für nachfolgende Dichtergenerationenen in ganz Europa war Baudelaiere als Wegbereiter des Symbolismus und Surrealismus von enormem Einfluss, der als erster das Lebensgefühl der Dekadenz mit Ekel vor der Realität, Faszinosum des Negativen und Untergehenden in formstrenger Lyrik von ganz neuartiger Suggstivität ausdrückte.

Gedichteauswahl:
Der freudige Tote (Französische Gedichte); Die Riesin (Erotische Gedichte).

Bauernfeld, Eduard von - 13.1.1802, Wien - 9.8.1890, Wien. Studierte Philosophie und Jura, Beamtenkarriere, als Liberaller politisch engagiert, nach der Revolution 1849 entlassen und freier Schriftsteller. - Sehr fruchtbar und erfolgreich mit harmlosen, biedermeierlichen Komödien, befreundet mit dem Komponisten Franz Schubert und den wichtigsten Wiener Schriftstellern seiner Zeit; schrieb auch Epigramme, Lyrik, Epik und Kritiken.

Gedichteauswahl:
Vorsicht des Patrioten (Epigramme).

Beaumont, Francis - 1584, Grace Dieu/Leicestershire - 6.3.1616, London. Richterssohn, nach Studium Jurist in London, wurde ebda. Jurist, befreundet mit vielen Dramatikern; starb zwei Jahre nach Heirat mit einer reichen Erbin. - Schrieb gemeinsam mit John Fletcher seit 1606 eine Vielzahl Komödien und Tragikomödien, die bühnenwirksam, witzig und manchmal burlesk meist romanische Novellenstoffe verarbeiten und lyrische Verseinschübe beinhalten.

Gedichteauswahl:
Auf die königlichen Gräber in Westminster (Englische Gedichte).

Béranger, Pierre-Jean de - 19.8.1780, Paris - 16.7.1857, Paris. Sohn eines armen Handwerkers, Kellner, Schriftsetzer, Sekretär an der Sorbonne, 1848 Abgeordneter. Die Beliebtheit seiner politischen Chansons wurde durch zwei Gefängnisstrafen noch befördert. Der populärste französische. Liederdichter des 19. Jahrhunderts traf mit sentimental-rührenden, reimgewandten, bisweilen ausschweifenden Liedern den Geschmack der Pariser Bourgeoisie und ist maßgeblich an der Schaffung der Napoleonlegende beteiligt.

Gedichteauswahl:
Der alte Vagabund (Französische Gedichte).

Bierbaum, Otto Julius - 28.6.1865 Grünberg/Schlesien - 1.2.1910, Kötzschenbroda bei Dresden. Studierte Philosophie, Jura und Chinesisch; seit 1887 Journalist, Kritiker und Schriftsteller. Wechselte zwischen Naturalismus, Impressionismus und Dekadenz, belebte als Lyriker spielerisch alte Formen neu, ebenfalls als Erzähler, Dramatiker, Künstlerbiograph, Herausgeber und Reiseschriftsteller aktiv.

Gedichteauswahl:
Christoph, Rupprecht, Nikolaus (Nikolausgedichte); Der armen Kinder Weihnachtslied (Weihnachtsgedichte); Freundesbrief an einen Melancholischen (Melancholische Gedichte); Osterpredigt in Reimen (Ostergedichte); Sommer (Sommergedichte).

Blankvers - Eine reimlose Versform (vom englischen Begriff blank verse = reiner, reimloser Vers), die einen fünfhebigen Jambus darstellt; Beispiel: Komm her; wir wollen eine Weile still sein. (R. M. Rilke, aus: Requiem für eine Freundin)
Auf romanische Urformen zurückgehend, erlangte dieses sehr modulationsfähige Versmaß in der englischen Epik und Dramatik ab Mitte des 16. Jahrhunderts eine Vorzugsstellung. Die deutschen Dramatiker schlossen sich dem ab Mitte des 18 Jahrhunderts an, so dass der Blankvers zum Nachfolger des Alexandriners wurde.

Bodenstedt, Friedrich von - 22.4.1819, Peine - 18.4.1892, Wiesbaden. Ein Kaufmannslehrling und Sprachstudent, durch Aufenthalte in Russland und die Begegnung mit seinem Kollegen Mirza Schaffy Experte für slawische und östliche Sprachen, wichtige Übersetzungen auch aus dem Englischen. Professor und Journalist, als Epiker und Dramatiker unbedeutend. Als Lyriker formgewandt, doch epigonal, hatte großen Erfolg mit den pseudoorientalischen "Liedern des Mirza Schaffy"' (1851), als deren Verfasser er erst 1874 erkannt wurde.

Gedichteauswahl:
Freundschaft (Freundschaftsgedichte); Nehmt hin mit Weinen oder Lachen ... (SMS-Gedichte).

Boelitz, Martin - 1874-1918. Mehr als die Lebensdaten war über den Autor nicht in Erfahrung zu bringen.

Gedichteauswahl:
Knecht Ruprecht (Nikolausgedichte).

Bertolt BrechtBrecht, Bertolt - 10.2.1898, Augsburg - 14.8.1956, Berlin. Sohn eines Papierfabrik-Direktors, begann 1917 ein Studium der Naturwissenschaft und Medizin, 1918 Sanitätssoldat, dann als Dramaturg ab 1924 in Berlin, ab 1928 Marxistische Arbeiterschule. Seine Flucht vor den Nazis führte ihn quer durch Europa, über Moskau schließlich nach Kalifornien/USA. Ab 1948 arbeitete er in Berlin (Ost) mit dem von ihm gegründeten "Berliner Ensemble". - Herausragender sozialistischer Dramatiker und Lyriker, der Literatur als Sprachrohr für Gesellschaftskritik nutzt. Wirkungsreicher Bühnenerneuerer, dessen "Episches Theater" Illusionismus ablehnt und den Zuschauer einbezieht. Als Lyriker hat er ein breites Werk hinterlassen, dem kaum eine Schattierung fremd ist. Oft verfolgt er didaktische Zwecke, beharrt auf Sachlichkeit, ist aber ein Virtuose unterschiedlicher Formen und von starker rhythmischer Begabung.

Gedichteauswahl:
Wegen urheberrechtlicher Beschränkung nur Ausschnitte.

Brentano, Clemens - 8.9.1778, Ehrenbreitstein bei Koblenz - 28.7.1842, Aschaffenburg. Sohn eines italienischen Kaufmanns und einer Jugendfreundin Goethes; scheiterte im väterlichen Geschäft, trat Studium der Berg- und Kameralwissenschaft an, beschäftigte sich aber vor allem mit Literatur und pflegte zeitlebens Umgang mit deren prominentesten Vertretern. 1817 verzichtet er mit seiner Rückkehr zum katholischen Glauben auf weltliches Dichtertum. - Gehört zu den wichtigsten Spätromantikern, vor allem durch Märchenzyklen und Lyrik. Inhaltlich und formal von großer Bandbreite, aber auch innerlich zerrissen und überwuchernd, eignet ihm eine singuläre Fülle und Musikalität der Sprachgebung. Besonders einflussreich war seine meisterliche Beherrschung des Volksliedtons und die Herausgabe der Volksliedersammlung "Des Knaben Wunderhorn" zusammen mit Achim von Arnim, die 1806-08 erschien und Epoche machte.

Gedichteauswahl:
Das Wunderhorn (aus: Des Knaben Wunderhorn; Gedichte der Romantik); Lieb und Leid im leichten Leben... (Gedichte der Romantik); Frommer Soldaten seligster Tod (aus: Des Knaben Wunderhorn; Kriegsgedichte); Wenn ich ein Vöglein wär... (aus: Des Knaben Wunderhorn; Gedichte der Romantik); Zu Bacherach am Rheine... (Balladen)

Browning, Elizabeth Barrett - 6.3.1806, Coxhoe Hall/Durham - 29.6.1861, Florenz. Die Jugend der englischen Dichterin war von Verlusten nächster Verwandter, Krankheit und Schwermut geprägt, doch erhielt sie eine klassische Bildung und begann zu schreiben. Eine völlige Wende geschah 1846 durch die Heirat mit dem Dichter Robert Browning, mit dem sie fortan in Italien lebte. Sie verfasste neben Lyrik auch Versepen, ihr bedeutendstes Werk sind die 1847 erschienenen "Sonnets from the Portuguese" ("Sonette aus dem Portugisischen"; ein irreführender Titel, da es sich nicht um Übersetzungen handelt), die das späte Erwachen ihres Frauentums und ihre Liebe thematisieren.

Gedichteauswahl:
Du hast, mein Dichter... (Englische Gedichte); Geh fort von mir... (Trennungsgedichte).

Büchner, Luise - 12.6.1821, Darmstadt - 28.11.1877, Darmstadt. Sechstes Kind ein Mediziners, der älteste Bruder ist der berühmte Dramatiker und Novellist Georg Büchner (1813-37). Durch einen Unfall behindert erwarb sie autodidaktisch eine umfassende Bildung, setzte sich zeitlebens für die Rechte der Frauen ein, hielt dazu Vorlesungen und verfasste Abhandlungen. Zudem schrieb sie Essays und Novellen; ihr Gedichtband "Frauenherz" erschien 1862.

Gedichteauswahl:
Zu einer goldenen Hochzeit (Hochzeitsgedichte).

Buonarroti, Michelangelo - 6.3.1475, Caprese bei Arezzo - 18.2.1564, Rom; eigentlich Michelagniolo di Ludovico Buonarroti-Simoni. Aus armer Adelsfamilie, der herausragende Bildhauer und Maler der späten Renaiscance, der insbesondere für seine Gestaltung der Sixtinischen Kapelle im Vatikan Weltruhm genießt. Vor allem in seinen späteren Jahren pflegte er nebenbei auch Dichtung in der Tradition Dantes und Petrarcas, meist religiöse Gedichte und schwermütige Liebessonette.

Gedichteauswahl:
Hier am äußersten Rande... (Trauergedichte).

Bürger, Gottfried August - 31.12.1747, Molmerswende/Harz - 8.6.1794, Göttingen. Pastorssohn, Studium der Theologie, Jura und Philosophie, tätig als Amtmann Zeitschriftenredakteur und Privatdozent. - Lyriker und Balladendichter des Sturm und Drang, Begründer der deutschen Kunstballade (Lenore), bekenntnishaft und dämonisch-sinnlich. Verfasste auch Übersetzungen, gab den Münchhausen-Erzählungen ihre heutige Form.

Gedichteauswahl:
Lenore (Balladen).

Burns, Robert - 25.1.1759, Alloway bei Ayr - 21.7.1796, Dumfries. Sohn eines armen schottischen Kleinbauern, Autodidakt, viele berufliche Misserfolge, 1786 plötzlicher Ruhm durch seinen ersten Gedichtband, Arbeit auf Bauernhöfen und als Steuereinnehmer, Parteinahme für die französische Revolution und Truniksucht bedingten Etnfremdung und frühen Tod. - Gilt als einer der größten schottischen Dichter, dessen sanghafte Lieder Volksgut wurden; Vorläufer der englischen Romantik mit Sinn für Naturschönheiten.

Gedichteauswahl:
Mein Herz ist im Hochland... (Englische Gedichte).

Wilhelm BuschBusch, Wilhelm - 15.4.1832, Wiedensahl bei Hannover - 9.1.1908, Mechtshausen/Harz. Sohn eines Krämers, ab 1841 zur Erziehung bei seinem Onkel, einem Dorfpastor; studierte zunächst Maschinenbau, dann Malerei in Düsseldorf, Antwerpen und München; Mitarbeit bei Münchener Zeitschriften, wurde nach seinem Scheitern als Maler durch seine Bildgeschichten (beginnend mit "Max und Moritz", 1865) weltberühmt, lebte meist zurückgezogen im Familienkreis. - Der volkstümlichste und verbreitetste deutsche Humorist, der mit schlichter Sprache in Knittelversen zum Schöpfer unvergänglicher komischer Typen in Wort und Bild wurde. Er deckte Scheinmoral und Spießertum schonungslos auf, voll scharfem Spott und Pessimisums, den er in Humor sublimiert. Neben Satiren und Grotesken schrieb er auch komische Heldenepen und Gedankenlyrik, in der er auch sprachliche Virtuosität beweist. Außerdem malte und zeichnete Busch bis 1895, ca. 1000 meist kleinformatige Ölgemälde sind erhalten.

Gedichteauswahl:
Also hat es dir gefallen... (Abschiedsgedichte); Beruhigt; Bestimmung; Bewaffneter Friede; Das alte Jahr gar schnell entwich ... (SMS-Gedichte); Das Bild den Mann's in nackter Jugendkraft...; Der Einsame; Die Affen (Lustige Gedichte); Die Tugend will nicht immer passen...; Humor (Lustige Gedichte); Karneval (Faschingsgedichte und Fastnachtssprüche); Liebesglut; Meist in Wagen, die nicht federn... (Epigramme); Nachruhm; Nicht artig; O wie lieblich... (Hochzeitsgedichte); Sie stritten sich beim Wein...; Sie war ein Blümlein...; Überliefert (Religiöse Gedichte); Unfrei; Vater werden ist nicht schwer...; Von Birken eine Rute...; Wenn alles sitzen bliebe...; Wenn ich dereinst ganz alt...; Wenn mir mal ein Malheur passiert...; Wirklich, er war unentbehrlich...(auch Schwarzer Humor); Woher, wohin?; Zu Neujahr (Neujahrsgedichte).

Byron, George Gordon Lord - 22.1.1788, London - 19.4.1824, Messolongi/Griechenland. Im schottischen Hochland ärmlich aufgewachsen, erbte er 1798 unerwartet von einem Großonkel Adelstitel und Vermögen; studierte in Cambridge, dann Eintritt ins Oberhaus des britisches Parlaments, Südeuropareisen, 1812 plötzliche Berühmtheit durch die Publikation der ersten beiden Gesänge aus "Harolds Pilgerfahrt". Skandalumwittert verließ er England, wechselnde Aufenthalte in der Schweiz und Italien, 1824 Teilnahme am Freiheitskampf der Griechen, wo er an einem plötzlichen Fieber starb. - Der Initiator der Weltschmerzpoesie des 19. Jahrhundert traf mit unverstelltem Ausdruck von Emotionen den Nerv seiner Zeit, gewann europaweit noch mehr Bedeutung als in England selbst. Seine Poesie stützt sich teils auf klassizistische Vorbilder und verschmilzt Melancholie und Passion sinnlich ästhetisch mit satirischer Ironie. Außer der Lyrik pflegte Byron vor allem Dramen- und Monologdichtungen ohne feste Strukturen, als sein Meisterwerk gilt die unvollendete Verssatire "Don Juan".

Gedichteauswahl:
Abschied von England vor seiner Reise nach Lissabon (Englische Gedichte); Als sich mit Schmerzen (Liebeskummer-Gedichte).

C

Castelli, Ignaz Franz - 6.3.1781, Wien - 5.2.1862, Wien. Studierte Jura, Karriere als Beamter und Hoftheaterdichter, im Ruhestand ab 1841 auf Reisen durch Mitteleuropa. - Der als humoristischer Erzähler und vor allem mit Unterhaltungs- und Volksstücken ebenso fruchtbare wie seinerzeit erfolgreiche Schriftsteller erzielte künstlerischen Wert und Nachwirkung nur mit seinen Memoiren und als Begründer der niederösterreichischen Dialektdichtung.

Gedichteauswahl:
Revolutionslichter (Epigramme).

Catullus, Gaius Valerius - Um 84 v.u.Z., Verona - um 54 v.u.Z., Rom; oft im deutschen Sprachraum abgekürzt Catull, röm. Lyriker. Aus mächtiger Familie, kam um 66 nach Rom; zentral war seine Liebe zur ruchlos-schönen Lesbia, die ihn als Spielobjekt missbrauchte, was er nie verwand. In seinen letzten Jahren wuchsen nach jugendlichem Desinteresse sein Lebensüberdruß und Zorn auf die politischen Zustände. - Der Begründer der römischen Elegie verfasste in Anlehnung an griechische Vorbilder Kleinepen, Liebes-, Hochzeits- und Trinklieder, Epigramme, Spott- und Schimpfverse, deren individueller, passionierter Charakter einzigartig in der römischen Dichtung ist. - Nach der Antike war Catulls Dichtung verschollen, erst im 14. Jh. wurde er in einer Handschrift wieder entdeckt; seither vielfältige Einflüsse auf die europäischen Literaturen.

Gedichteauswahl:
Ich hasse und liebe... (Trennungsgedichte).

Celander - Um 1700; ein Pseudonym, die Idendität des Verfassers ist bis heute nicht geklärt. Vertreter der damals so genannten "galanten" Poesie, was meist deftige und direkte erotische Lyrik meint, die im deutschen Spätbarock eine kurze Blütezeit hatte. Die Celander-Gedichte erschienen in mehreren Sammlungen um 1716, der Roman "Der verliebte Studente" von 1709 trägt ebenfalls diesen Verfassernamen.

Gedichteauswahl:
Als einer im Schlaff verschwenderisch gewesen (Erotische Gedichte).

Chamisso, Adalbert von - 30.1.1781, Schloss Boncourt/Champagne - 21.8.1838, Berlin; eigentlich Louis Charles Adelaide de Chamisso de Boncourt. Offizierssohn aus lothringischer Adelsfamilie, die 1790 in der französischen Revolution enteignet wurde emigrierte; ab 1796 in Berlin (Page der Königin Luise) Militärlaufbahn, 1806 nach der Kapitulation bei Jena entlassen. Nach Anfängen auf Französisch dichtete er ab 1803 deutsch, verkehrte mit wichtigen Vertretern der Romantik, nach Studium der Medizin und Botanik ab 1815 Teilnehmer an einer russischen wissenschaftlichen Expedition (verfasste ein bedeutsames Resiewerk), danach Kustos des Botanischen Gartens Berlin, Dr. phil. und Mitherausgeber des Deutschen Musenalmanachs. - Lyriker und Erzähler zwischen Spätromantik und Frührealismus, verfasste Balladen (nach dem Vorbild Bérangers, den er auch übersetzte) und sentimentale Gedichtzyklen in strengen Formen, denen ebenso humoristische wie soziale und unheimliche Motive eignen. Außerdem schrieb er Verserzählungen in Terzinen, Kunstmärchen und die berühmte symbolische Erzählung "Peter Schlemihl".

Gedichteauswahl:
Das Riesenspielzeug (Balladen).

Christen, Ada - 6.3.1844, Wien - 19.5.1901, Wien; eigentlich Christiane von Breden, geb. Friderik. Harte Jugend, ab 1859 Schauspielerin einer Wandertruppe, zwei Ehen, Leben in völliger Armut, schließlich als als anerkannte Schriftstellerin und Mittelpunkt eines Schriftstellerkreises. - Als Dichterin und Erzählerin weist sie auf Naturalismus und Proletarierliteratur voraus, unkonventionell in Erotik, und sozialer Lyrik und Selbstentblößung.

Gedichteauswahl:
Christbaum (Weihnachtsgedichte); Nach Jahren (Trennungsgedichte).

Matthias ClaudiusClaudius, Matthias - 15.8.1740, Reinfeld/Holstein - 21.1.1815, Hamburg. Pfarrerssohn, Studium der Theologie, dann Jura und Staatswissenschaft. In verschiedenen Berufen, als freier Schriftsteller und als Redakteur der christlich-volkstümlichen Zeitschrift "Wandsbecker Bote" tätig, in der er neben seinen Gedichten auch Gespräche, Briefe, Besprechungen, Fabeln und Sprüche veröffentlichte. - Ein volkstümlicher Lyriker, gepägt von Schlichtheit und Innigkeit, der naive Gläubigkeit mit aufklärerischer Bildung verbindet und jede Verstiegenheit kritisiert.

Gedichteauswahl:
Abendlied eines Bauermanns; An den Tod; Der große und der kleine Hund, oder Packan und Alard; Der Mann im Lehnstuhl; Der Mensch (Abschiedsgedichte); Der Schwarze in der Zuckerplantage; Der Tod (Trauergedichte); Die Liebe (Liebesgedichte); Ein Seliger an die Seinen in der Welt; Klage; Kriegslied (Kriegsgedichte); Kron und Szepter, 1795; Motetto, als der erste Zahn durch war (Kindergedichte).

Conradi, Hermann - 12.7.1862, Jeßnitz/Anhalt - 8.3.1890, Würzburg. Sohn eines Kaufmanns, studierte Philosophie, Germanistik, neue Sprachen und Nationalökonomie; für seinen Roman "Adam Mensch" wegen Unsittlichkeit angeklagt, starb er vor Prozess und Promotion an Lungenentzündung. - Als Lyriker rhetorisch und selbstentblößend orientiert, als Erzähler geprägt von inneren Zerrissenheiten, Antibürgerlichkeit und Auflösung der Formen. Er ist sowohl radikaler Vorkämpfer des Naturalismus wie Vorläufer des Frühexpressionismus.

Gedichteauswahl:
Triumph der Sehnsucht (Sehnsuchtsgedichte); Was frag' ich nach Zeit und Stunde (Valentinstag-Gedichte).

Czepko von Reigersfeld, Daniel - 23.9.1605, Koischwitz bei Liegnitz - 8.9.1660, Wohlau. Sohn eines mährischen Pfarrers, studierte Medizin und Jura, Bildungsreise durch Frankreich und Italien, auf wechselvollen Lebensstationen tätig als Jurist, Landwirt und Verwalter seiner Güter, Hauslehrer, Landtagsvorsitzender, Kaiserlicher Rat und Diplomat, wurde 1656 geadelt. - Der an Opitz orientierte Barockdichter schrieb außer Dramen geistliche Lehrgedichte, Liebeslyrik, Sonette und mysthisch geprägte Epigramme.

Gedichteauswahl:
Schweigendes Hören, Hörendes Schweigen (Epigramme).

D

Daktylus - der, Plural Daktylen; von dem griechischen Wort für "Finger". Neben Jambus und Trochäus die dritte Variante der metrischen Grundeinheit, die als Versfuß oder Takt bezeichnet wird. In den antiken Sprachen mit ihrer quantitierenden Metrik meint er eine lange Silbe, die von zwei kurzen gefolgt wird, in der akzentuierenden Metrik des Deutschen eine betonte Silbe, der zwei unbetonte Folgen; Beispiele: Rohrzucker, mache es. Der oftmals als eigener Versfuß geführte Anapäst (eine betonte/lange Silbe, der zwei unbetonte/kurze vorangehen), ist zumindest im Deutschen eher als auftaktiger Daktylus aufzufassen.

Daumer, Georg Friedrich - 5.3.1800, Nürnberg - 13.12.1875, Würzburg. Studierte Theologie und Philosophie, danach Lehrer und Gymnasialprofessor; ab 1830 zurückgezogen als Schriftsteller tätig. - Der Religionsphilosoph wandelte sich vom Pietisten über einen Gegner des Christentums als lebensfeindlicher Religion zum katholischen Vorkämpfer; auch als Lyriker eher reflektierend und von orientalischen Formen angeregt.

Gedichteauswahl:
Die Trennung vom Geliebten... (Trennungsgedichte).

Dauthendey, Max - 25.7.1867, Würzburg - 29.8.1918, Malang/Java. Sohn eines Fotografen, arbeitete in dessen Atelier, ab 1891 Schriftsteller, Bekanntschaft mit Dehmel und George, Weltreisender, der durch den 1. Weltkrieg in Internierung geriet und dort starb. - Ein Neuromantiker des Fern- und Heimwehs, Ästhetizist, sinnlich-impressionistischer Dichter, dessen klang- und bildintensive Lyrik um Liebe, Natur und Schönheit kreist. Später lockerte er seine Formstrenge, schrieb lyrisch-rhythmisierte Prosa und Dramen.

Gedichteauswahl:
Die Uhr zeigt heute keine Zeit (Zeit-Gedichte); Sehnsucht gab mir ihr weites Kleid (Sehnsuchtsgedichte).

Dehmel, Paula - 31.10.1862, Berlin - 9.7.1918, Berlin. Als Oppenheimer geboren Tochter eines jüdischen Predigers; die Kinderbuchautorin war 1889-1898 mit dem seinerszeit berühmten Dichter Richard Dehmel verheiratet. Auch danach versuchtzen sie gemeinsam, Erzählöungen und Gedichte für Kinder zu schreiben, die deren Weltsich und -erleben entsprechen, ohne künstlerisch abzufallen. Außer Gedichtbänden veröffentlichte sie noch Märchen, Geschichten und Spiele, war auch als Herausgeberin tätig.

Gedichteauswahl:
Rumpumpels Geburtstag (Kindergedichte).

Dehmel, Richard - 18.11.1863, Wendisch-Hermsdorf/Spreewald - 8.2.1920, Blankenese bei Hamburg. Sohn eines Revierförsters, Studium der Naturwissenschaft, Volkswirtschaft, Soziologie und Philosophie, 1887 Dr. phil.; zunächst Sekretär beim deutschen Versicherungsverband, ab 1895 freier Schriftsteller.1889-99 verheiratet mit Paula Oppenheimer, dichterische Zusammenarbeit auch darüber hinaus. 1914 Kriegsfreiwilliger im Leutnantsrang. - Bedeutender Lyriker zwischen Naturalismus, dem Impressionismus und Expressionismus, der die klassisch-romantische Tradition ablehnte. Als Panerotiker verband er tiefschürfende Geistigkeit und sinnlichen Hedonismus in Gedichten, ebenso liedhaft wie metaphysisch gedankenvoll sein können; von großer Wirkung, die inzwischen verblasst ist.

Gedichteauswahl:
Nur ein Hund (Freundschaftsgedichte); Staatsereignis (Kindergedichte).
Übersetzungen:
François Villon: Lied der Gehenkten (Französische Gedichte).

Distichon - das, Plural Distichen; von den griechischen Worten für doppelt und Vers. Bezeichnet allgemein einen Doppelvers, eine Kurzstrophe mit 2 metrisch verschiedenen Versen, im speziellen aber und zumeist das Verspaar aus Hexameter (sechs Daktylen) und Pentameter (zwei Daktylen, die jeweils mit einer langen bzw. betonten SIlbe abgeschlossen werden, was zu einer Zäsur mit zwei unmittelbar aufeinander folgenden betonten bzw. angen Silben führt). Dieses Distichon wird seit der Antike vorzüglich in Elegien und Epigrammen eingesetzt wird, seit der Barockzeit in die deutsche Literatur übertragen. Schillers "Das Distichon" liefert ein Exempel:
Im Hexameter steigt des Springquells flüssige Säule,
              Im Pentameter drauf fällt sie melodisch herab.

Dogen - 19.1.1200, Kyoto -22.9.1253, Kyoto; eigentlich Eihei Dogen Kigen Zenji. Als Sohn eines Hofadeligen mit 7 verwaist und ab 12 in buddhistischen Klöster, bis zu seiner Erleuchtung auf religiöser Suche, Studien und Chinareisen, bis er Begründer einer Schule des von dort kurz zuvor nach Japan gelangten Zen wurde.

Gedichteauswahl:
Ach, den Wolken gleich treiben wir... (Religiöse Gedichte).

Dranmor - 2.7.1823, Muri bei Bern, - 17.3.1888, Bern; eigentlich Ferdinand Schmid. Bankierssohn und Geschäftsmann, lebte in Brasilien und Paris. - Eigenwilliger Lyriker von düster-hellaufflammendem Temperament, Kulturpessimist, mit Anklängen zu Lenau, Heine und Platen.

Gedichteauswahl:
Wiedersehn, dich wiedersehn... (Trennungsgedichte).

Droste-Hülshoff, Annette von - 10.1.1797, Schloß Hülshoff bei Münster - 24.5.1848, Meersburg/Bodensee. Aus altwestfälischem Adelsgeschlecht, trotz kränklicher Jugend hervorragende Bildung; führte ein an Ortswechseln, Ereignissen und Begegnungen armes Leben. - Von herber Heide- und Moorlandschaft (die sie für die Literatur entdeckte), Schwermut, Verzicht und Katholizismus geprägte Lyrikerin und Erzählerin, die zu ihren Lebzeiten kaum wahrgenommen wurde. Aufgrund familiärer Verpflichtungen konnte sie an größeren Werken nur die Erzählung "Die Judenbuche" vollenden.

Gedichteauswahl:
Für meine Mutter (Muttertagsgedichte); Sommer (Sommergedichte).

Du Fu - 712-770, China; auch Tu Fu. Einer der wichtigsten Dichter aus der Blütezeit der chinesischen Lyrik während der Tang Dynastie (618-907). Er repräsentiert die konfuzianische Richtung, während sein Freund Li Bo dem Taoismus zugeneigt war. Prägend für Du Fu waren seine vergeblichen Anstrengungen, das literarische Examen für die Beamtenlaufbahn zu bestehen. Als er infolge einer Rebellion trotzdem zum kaiserlichen Zensor wurde, kostete ihn schon nach Monaten unbeugsame Ehrlichkeit das Amt, woraufhin er verarmte. Seine formstrenge Poesie nimmt Anteil am Leben der Menschen aller Schichten, versteht die konkreten Bilder und Eindrücke ins Allgemeine zu wenden.

Gedichteauswahl:
Leuchtkäfer
(Abschiedsgedichte).

E

Ebel, Eduard - 1839-1905. Mehr als die Lebensdaten war über den Autor nicht in Erfahrung zu bringen.

Gedichteauswahl:
Leise rieselt der Schnee... (Weihnachtlieder).

Ebner-Eschenbach, Marie von - 13. 9. 1830 Schloß Zdislavic bei Kremsier/Mähren - 12.3.1916 Wien. Aus tschechischem Adelsgeschlecht (geboren als Gräfin Dubsky), im Geist der deutschen Klassik erzogen, seit 1848 mit ihrem Vetter Moritz Freiherr von Ebner-Eschenbach in harmonischer Ehe, meist in Wien und in Kontakt mit wichtigen Literaten. - Gilt als bedeutendste deutsche Erzählerin des 19. Jahrhunderts, aus aristokratischem Verantwortungsgefühl sozial engagiert schrieb sie anschaulich-realistische, psychologische Gesellschaftserzählungen, Dorf- u. Schloßgeschichten voll Menschenkenntnis und verklärendem Humor. Als Lyrikerin weniger hervorgetreten als mit geistvollen Aphorismen.

Gedichteauswahl:
Einen Menschen wissen... (Freundschaftsgedichte).

Edda - Eine Sammlung altnordisch-isländischer Götter- und Heldenlieder sowie Spruchdichtungen, die etwa vom 9. bis in 12. Jahrhundert enstanden und nach 1250 aufgezeichnet wurden. Sie beinhaltet sowohl skandinavische Mythen und Sagenkreise als auch bis in die Völkerwanderung zurückreichende aus Mitteleuropa, meist schon durch den Übergang zum Christentum geprägt.

Gedichteauswahl:
Der Seherin Weissagung (Religiöse Gedichte).

Joseph von EichendorffEichendorff, Joseph von - 10.3.1788, Schloß Lubowitz/Oberschlesien (heute Südpolen) - 26.11.1857, Neiße/Schlesien. Sohn eines preußischen Offiziers und verarmten Landedelmanns, schloss sein Jurastudium 1810 in Wien ab. Meist in Berliner Ministerien arbeitete er bis 1844 als Beamter, verkehrte dabei mit den meisten Geistesgrößen der Romantik. Als einen Gipfel hat er zu dieser Epoche seine melodiöse und schlichte Lyrik beigetragen, die volkstümlich wie die keines anderen Romantikers wurde. Aus seinem vielfältigen schriftstellerischen Schaffen sind noch der Roman "Ahnung und Gegenwart" (1815), die Novellen "Aus dem Leben eines Taugenichts" und "Das Marmorbild" (jeweils 1826) sowie das Lustspiel "Die Freier" (1833) hervorzuheben.

Gedichteauswahl:
Abschied (Abschiedsgedichte); An... (Freundschaftsgedichte); Aus schweren Träumen; Das zerbrochene Ringlein (Trennungsgedichte); Der Adel und die Revolution; Der Abend; Der Isegrim; Der neue Rattenfänger; Der Wegelagerer; Der Winzer; Die Heimat; Frühlingsnacht (Frühlingsgedichte); Im Abendrot; FMarkt und Straßen stehn verlassen (SMS-Gedichte); Mondnacht; Ostern (Ostergedichte); Schöne Fremde; Sehnsucht (Sehnsuchtsgedichte); Wehmut; Weihnachten (Weihnachtsgedichte); Wünschelrute (Gedichte der Romantik).

Eichrodt, Ludwig - 2.2.1827, Durlach/Baden - 2.2.1892 Lahr. Studium der Jura, anschließend Aufstieg vom Aktuar zum Oberamtsrichter. - Ein satirischer und humoristischer Lyriker, auch in Mundart. In seinen "Gedichten des schwäbischen Schullehrers Gottlieb Biedermaier und seines. Freundes Horatius Treuherz"' (1855-57) begründete er die spätere Epochenbezeichnung Biedermeier.

Gedichteauswahl:
Ein Sylvester-Lied (Silvestergedichte); Gefesselt (Liebeskummer-Gedichte); Simples Neujahrslied (Neujahrsgedichte).

Elegie - Eine im 7. Jahrhundert v.u.Z. in Griechenland entstandene Gedichtform, die ursprünglich ein im Metrum des Distichon verfasste Lyrik meinte, unabhängig von Inhalt oder Stimmung. Die römischen Dichter belebten diese formale Vorlage durch mehr Subjektivität. Danach bestimmte mehr die inhaltliche Festlegung auf Schwermut und Klage die seit der Renaissance wieder einmgeführte Elegie als die metrische (einzelne Ausnahmen wie Goethes 'Römische Elegien'). Ihre Blütezeit erreichte sie europaweit im 18. Jahrhundert im Zusammenhang mit Bewgungen wie Empfindsamkeit und Naturschwärmerei.

Engelke, Gerrit - 21.10.1890, Hannover - 13.10.1918, nahe Cambrai/Nordfrankreich. Arbeitersohn, Malergeselle, autodidaktische Bildung. Zeitungsmitarbeiter, auf Empfehlung Richard Dehmels in Literatenkreise eingeführt. 1914-18 Soldat im Westen; unmittelbar vor Waffenstillstand verwundet, starb er in einem englischen Lazarett. - Ein sprachgewaltiger Lyriker, bedeutender Arbeiterdichter und Expressionist; Themen aus der für ihn beseelten Welt der Technik und Industrie, Großstadthymnen, Arbeitslieder, Epigramme und Liebesgedichte.

Gedichteauswahl:
An den Tod (Trauergedichte); Herbst (Herbstgedichte).

Enslin, Karl - 21.9.1819, Frankfurt/Main - 14. Oktober 1875, Frankfurt/Main. Schullehrer und Kinderschriftsteller, von dessen vertonten Liedern einige volkstümlich geworden sind.

Gedichteauswahl:
Kling, Glöckchen, klinge-linge-ling... (Weihnachtslieder).

EpigrammEpigramm - Im antiken Griechenland bedeutete "epigramma" ursprünglich In- oder Aufschrift (z.B. auf Gebäuden oder Kunstwerken), entwickelte sich ab dem 6. Jahrhundert v.u.Z. zu einer eigenen Form der Gedankenlyrik, die meist im Distichon stand und prägnant-pointierte Kürze bedingte, wurde von den Römern übernommen und ab dem späten Mittelalter in den europäische Literaturen heimisch.

Eschenburg, Johann Joachim - 7.12.1743, Hamburg - 29.2.1820, Braunschweig. Studium der Theologie und Philosophie, Hofmeister, Professor der Schönen Literatur, Hofrat. Die eigenen literarischen Versuche des seinerzeit bedeutenden Ästhetikers, Übersetzers und Literarhistorikes sind unbedeutend.

Gedichteauswahl:
Tochter Zion, freue dich... (Weihnachtslieder).

Eskuche, Gustav - 1865-1917. Mehr als die Lebensdaten war über den Autor nicht in Erfahrung zu bringen.

Gedichteauswahl:
Alle meine Entchen... (Kinderlieder).

Etzel, Gisela - 1880-1918. Mehr als die Lebensdaten war zu der Übersetzerin aus dem Englischen und Französischen nicht in Erfahrung zu bringen.

Übersetzungen:
John Keats: Grashüpfer und Heimchen (Gedichte der Romantik); John Keats: La belle Dame sans Merci (Balladen).

Etzel, Theodor - 9.1.1873, Gelnhausen - 3.9.1930, Bad Aibling. War als Schriftsteller, Verlagslektor sowie Übersetzer und Herausgeber der gesammelten Werke Poes (Berlin 1922) tätig.

Übersetzungen:
Edgar Allan Poe: Annabel Lee (Englische Gedichte).

F

Falk, Johannes - 26.10.1768, Danzig, 14.2.1826, Weimar. Sohn eines Perückenmachers, Studium der Theololgie, antiken und neueren Literatur, als Schriftsteller und Pädagoge ab 1797 in Weimar, Umgang mit Herder, Wieland und Goethe. Als Nebenfigur der Weimarer Klassik übte er sich in allen literarischen Gattungen, bekannt geblieben ist lediglich das Weihnachtslied "O du fröhliche...".

Gedichteauswahl:
O du fröhliche... (Weihnachtslieder).

Flaischlen, Cäsar - 12.5.1864, Stuttgart - 16.10.1920 Gundelsheim/Neckar. Absolvierte eine Buchhandelslehre und studierte Philosophie und Philologie, ab 1890 in Berlin wohnhaft. Der Lyriker, Erzähler und Dramatiker begann mit Prosa- und schwäbischen Dialektgedichten, entwickelte sich vom Naturalisten zum Impressionisten und Idylliker.

Gedichteauswahl:
Hab Sonne im Herzen... (Geburtstagsgedichte); Neujahr (Neujahrsgedichte).

Fleming, Paul - 5.10.1609, Hartenstein/Erzgebirge - 2.4.1640, Hamburg. Sohn eines lutherischen Pfarrers, Thomasschule und Studium der Medizin in Leipzig; als Dichter gekrönt, 1633 Magister artium und Vertreibung durch Krieg und Pest, als Mitglied einer Gesandtschaft des Herzog Friedrichs III. von Holstein-Gottorp Reisen nach Russland und Persien; wollte sich anschließend als Arzt in Hamburg niederlassen, Tod nach kurzer Krankheit. - Schrieb in Deutsch und Latein, der erlebnishafteste und persönlichste deutsche Barocklyriker und damit zukunftsweisend. Er verfasste galante Lyrik, liedhafte Sonette, Epigramme, Liebes- und Trinklieder, Oden zu Freundschaft und Vaterland, Fest- und Gelegenheitsdichtungen, Bekenntnisgedichte und geistliche Lieder.

Gedichteauswahl:
Gedanken über der Zeit (Zeit-Gedichte); Lass den Tag deine sein... (Geburtstagsgedichte).

Theodor FontaneFontane, Theodor - 30.12.1819, Neuruppin - 20.9.1898, Berlin. Apothekerssohn aus französischerstämmiger Hugenottenfamilie, Apothekerlehre und -gehilfe, Militärdienst, ab 1844 Apotheker in Berlin. Zunehmend als Journalist, Schriftsteller und Theaterkritiker aktiv, Aufgabe des Apothekerberufs, zahlreiche Reisen, wandte sich erst mit 70 dem realistischen Gesellschaftsroman zu (Effi Briest, Der Stechlin), worauf sich sein Ruhm vor allem begründet. - Neben Romanen und Reisebüchern (Wanderungen durch die Mark Brandenburg) ist auch seine Lyrik bekannt geworden, vor allem die herb-volkstümlichen Balladen.

Gedichteauswahl:
Aber es bleibt auf dem alten Fleck; Am Jahrestag; Aus der Ferne diesen Wunsch... (Geburtstagsgedichte); Ausgang; Ausgang (Trauergedichte); Der Schwester zu Silvester (Silvestergedichte); Die Alten und die Jungen (Gedichte vom Leben); Die Frage bleibt (Gedichte zum Nachdenken); Es kribbelt und wibbelt weiter; Guter Rat; Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland; John Maynard (Balladen); Kummer, sei lahm... (Geburtstagsgedichte); Rückblick; So und nicht anders; Überlass es der Zeit (Zeit-Gedichte); Würd es mir fehlen, würd ich's vermissen?.

Förster, Karl August - 4.4.1784, Naumburg/Saale - 18.12.1841, Dresden. Sohn eines Geistlichen, Studium der Theologie, Geschichte, Philosophie und Philologie, ab 1806 Professor für deutsche Sprache, Literatur und Moral beim Kadettenkorps Dresden. - Viel bedeutender als seine der Romantik verpflichtete Lyrik war Försters Tätigkeit als Philologe und Literarhistoriker sowie als als Übersetzer der Werke von Dante, Tasso und Petrarca.

Übersetzungen:
Francesca Petrarca: Mir träufeln bittre Tränen... (Liebeskummer-Gedichte).

Franziskus von Assisi - 1181/2, Assisi -1226, Assisi; eigentlich Giovanni Bernadone, genannt Francesco (=Franzose). Italienischer Mystiker, Wanderprediger, Ordensgründer und Heiliger. Als reicher Kaufmannssohn und Offizier änderte er nach Gefangenschaft sein Leben radikal, seine Lehre von Armut und Nächstenliebe, seine Legende sowie der Franziskanerorden verbreiteten sich rasch über ganz Europa, er wurde zu einer der wichtigsten Heiligen des Christentums. Sein 1224 entstandener "Sonnengesang" ist eines der frühesten Zeugnisse der italienischen Literatur.

Gedichteauswahl:
Der Sonnengesang (Religiöse Gedichte).

Freiligrath, Ferdinand - 17.6.1810, Detmold - 18.3.1876, Cannstatt. Lehrerssohn und Kaufmannslehrling, Anstellungen als Buchhalter und Kontorist, ab 1839 freier Schriftsteller; als liberal und revolutionär engagierter Dichter (Zusammenarbeit mit Karl Marx) mehrfach verhaftet und im Exil, 1868 nach Amnestie und Ehrungen zurück in Deutschland. - Lyriker des Vormärz mit rhetorisch-markiger, formal verwegener Sprachgebung. Vor seiner Hinwendung zur Politik durch exotische und exentrische Stoffe erfolgreich; wandelte sich vom demokratisch und sozial engagierten Freiheitskämpfer zum patriotischen Verherrlicher des 1871 neu begründeten deutschen Reichs. Bedeutsam auch als Übersetzer aus dem Englischen und Französischen.

Gedichteauswahl:
Kinderlied zum 6. Dezember (Nikolausgedichte).
Übersetzungen:
Robert Burns: Mein Herz ist im Hochland... (Englische Gedichte); Victor Hugo: Der Morgen (Französische Gedichte); Robert Southey: Die Stechpalme (Englische Gedichte).

Erich FriedFried, Erich - 6.5.1921, Wien - 22.11.1988, Baden-Baden. Sohn eines Spediteurs und einer Modellzeichnerin, floh als Gymnasiast nach Ermordung des Vaters durch die Gestapo bei der Okupation Österreichs durch Nazideutschland nach London, von wo er seine Mutter und 70 weitere Juden retten konnte. Arbeitete in Fabriken, bei Zeitschriften und der BBC. Mit seiner lakonisch knappen, pointiert und paradox zugespitzten Verssprache, die er in den Dienst antifaschistischen, pazifistischen und humansitischen Engagements stellte, setzte er sich in weiten Leserkreisen durch, stieß jedoch ebenso auf scharfen politischen und ästhetischen Widerstand. Neben politischen und sozialkritischen Gedichten wurde der Band "Liebesgedichte" (1979) zu sienem größten Erfolg. Außer Lyrik verfasste er einen Roman (Ein Soldat und ein Mädchen, 1960) und Übsetzungen aus dem Englischen (Dylan Thomas, T. S. Eliot, Sylvia Plath und 21 Shakespeare-Dramen).

Gedichteauswahl:
Die Maßnahmen; Literatur.

G

Geibel, Emanuel - 17.10.1815, Lübeck - 6.4.1884, Lübeck. Pfarrerssohn, Studium der Theologie und Philologie. Griechendlandreisen und Wanderleben, ab 1853 Gymnasiallehrer und Professor für deutsche Literatur; genoss staatliche Pensionen, im Alter vereinsamt. - Eklektischer Spätromantiker und ästhetischer Klassizist, bürgerlichen Traditionen und idealistischem Nationalismus verpflichtet. Breitenwirkung durch formschöne und wohllautende Lyrik sowie volkstümliche Lieder, auch als Übersetzer verdienstvoll.

Gedichteauswahl:
Auferstehung (Trauergedichte); Der Mai ist gekommen... (Frühlingsgedichte); Der Maulwurf hört... (Epigramme); Die beiden Engel (Freundschaftsgedichte); Die Zeit ist wie ein Bild... (Zeit-Gedichte); Für Musik (Sehnsuchtsgedichte); Ostermorgen (Ostern); Sommer im Süden (Sommergedichte); Unruhe (Trennungsgedichte).
Übersetzungen:
Victor Hugo: Komm, junge Zauberin (Gedichte der Romantik).

Geldner, Karl Friedrich - 17.9.1853, Saalfeld/Saale - 9.2.1929, Marburg. Orientalist, Hochschullehrer und Autor, 1890 Professor in Berlin, 1907 Professor in Marburg; beschäftigte sich überwiegend mit Übersetzung und Deutung religiöser Schriften und Liedersammlungen wie Avesta und Rigveda.

Übersetzungen:
aus: Rigveda: Der Uranfang (Religiöse Gedichte).

Gellert, Christian Fürchtegott - 4.7.1715, Hainichen/Erzgebirge - 13.12.1769, Leipzig. Pfarrerssohn, Studium der Theologie, Philosophie und Literatur, danach Hofmeister, Privatdozent und Professor für Poesie, Rhetorik und Moral. - Ungemein beliebter Volksschriftsteller der Aufklärung, dessen sprachgewandte, aber stark lehrhafte Dichtung pietistische Frömmigkeit und die bürgerlichen Ideale seiner Zeit zusammenführt. Gilt als Gipfel der deutschen Fabeldichtung, auch als Dramatiker und Begründer des empfindsamen Familienromans setzte er auf Rührung und Erbauung. Gellert war durch seinen lauteren Charakter und umfangreiche Korrespondenz als Ratgeber und moralische Instanz geschätzt.

Gedichteauswahl:
Ein Freund, der mir den Spiegel zeiget... (Freundschaftsgedichte).

George, Stefan - 12.7.1868, Büdesheim/Hessen - 4.12.1933, Minusio bei Locarno. Sohn eines Weinhändlers und Gastwirts, wurde nie zu Berufswahl gedrängt, ab 1888 Reisen durch ganz Europa, Studien der Philologie, Philosophie und Kunstgeschichte, Kontakte zu den bedeutendsten französischen und englischen Symbolisten. Seit 1900 lebte er meist verborgen überwiegend in Deutschland, fungierte als schier sakral verehrtes Haupt einer einflussreichen elitären Gruppe von Gelehrten, Dichtern und Künstlern (George-Kreis); 1933 aus Protest gegen die Vereinnahmung seiner Werkes durch die Nazis Emigration in die Schweiz. - Hauptvertreter der deutschen Neuromantik, geprägt von aristokratischem Lebensgefühl, Streben nach heroischer Größe und sprödem Ästhetentum in strengem Formenkult. Verzichtete auf Breitenwirkung durch Esoterik der Bilder und Schreibweisen sowie antikisierende Sprachzucht, pflegte ein zweckfreies Kunstideal des l'art pour l'art als Gegenpol zu Naturalismus, allem Gemeienen und Konventionellen. Aus der impliziten Kritik an den herrschenden Verhältnissen entwickelte er sein kühles Artistentum in streng gegliederten Versen und Gedichtzyklen zu mystisch-hymnischem Verkünden neuer Bildung und Religiösität. Bedeutsam sind auch seine Nachdichtungen vor allem Baudelaires und der französischen Symbolisten, Shakespeares und Dantes.

Gedichteauswahl:
Die blume die ich mir am fenster hege... (Gedichte vom Leben); Komm in den totgesagten park... (Herbstgedichte); Porta Nigra (Politische Gedichte).
Übersetzungen:
Arthur Rimbaud: Der Schläfer im Tal (Französische Gedichte).
William Shakespeare: Sonett XX (Shakespeare); Sonett LXXXIX (Shakespeare).

Ghasel - Von dem arabischen Wort ghazal=Gespinst abgeleitet, ist dies die häufigste Gedichtform in der orientalischen Lyrik. Bei beliebiger Länge setzt sie mit zwei paargereimten Langversen einen, deren Reim in jeder folgenden geraden Zeilen wieder aufgenommen wird, werden die ungeraden Zeilen reimlos bleiben. Die Gleichförmigkeit und auf keinen pointierten Abschluss zielende Form ist prädestiniert für geruhsam-idyllische Sujets. Von den Arabern ausgebildet, übernahmen die anderen islamischen Völker die Ghasel, so die Perser (mit Hafis als anerkanntem Vollender), Türken und Inder. In der deutschen Literatur wurde die Form von Beginn des 19. Jahrhunderts nachgeahmt, zunächst von Friedrich Schlegel und Goethe, dann Rückert, Platen, Geibel u.a., konnte sich aber nicht dauerhaft etablieren.

Glaßbrenner Adolf - 27.3.1810, Berlin - 25.9.1876, Berlin. Nach Kaufmannslehre Schriftsteller und politisch engagierter Journalist, vorübergehend als unbequem des Landes verwiesen. - Ein satirischer Berliner Lokalhumorist, schlagfertig und sprachgewandt, der in seine Genrebilder Dialekt und derbe Umgangssprache einbezog.

Gedichteauswahl:
Zwei Wünsche (Schwarzer Humor).

Gleim, Johann Wilhelm Ludwig - 2.4.1719, Ermsleben bei Halberstadt - 18.2.1803, Halberstadt. Sohn eines Obersteuereinnehmers, Studium der Jura und Philosophie, Hauslehrer, als Stabssekretär im 2. Schlesischen Krieg, Sekretär des Domkapitels Halberstadt. Er war Zentrum zweier Dichterkreise und als Briefpartner der wichtigsten Dichter seiner Zeit sowie Förderer junger Talente sehr angesehen. - Lyriker der Aufklärung und wichtigster Vertreter der deutschen Anakreontik mit melodiös-verspielten Wein- und Liebesliedern. Darüber hinaus schrieb er Fabeln und burleske Romanzen, volkstümliche Kriegslieder und begründete eine neue Art politischer Spruchdichtung.

Gedichteauswahl:
An Leukon (Zeit-Gedichte); Der Glückliche (Liebeskummer-Gedichte); Liebe und Freundschaft (Freundschaftsgedichte).

GoetheGoethe, Johann Wolfgang von - 28.8.1749, Frankfurt/Main - 22.3.1832, Weimar. Sohn eines kaiserlichen Rats und der Tochter des Frankfurter Stadtschultheißen, Jura-Studium ab 1768, ab 1775 auf Einladung des Prinzen Carl August in Weimar in diversen Verwaltungs- und Regierungsämtern angestellt. - Der weit über seine reichhaltige Lyrik, Dramatik und Epik hinaus tätige Universalist ist eine der einflussreichsten Gestalten der europäischen Geistesgeschichte.

Gedichteauswahl:
An den Mond; An die Philister (mit Schiller; Epigramme); An Luna; Dämmrung senkte sich...; Das deutsche Reich (mit Schiller; Epigramme); Dem aufgehenden Vollmonde; Erlkönig (Balladen); Froh empfind' ich mich nun... (Liebesgedichte); Ganymed (Erotische Gedichte); Gefunden (Liebesgedichte); Gesang der Elfen; Goldnes Zeitalter (mit Schiller; Epigramme); Nähe des Geliebten; Natur und Kunst... (Gedichte zum Nachdenken); Nur wer die Sehnsucht kennt... (Sehnsuchtsgedichte); Prometheus (Religiöse Gedichte); Venezianische Epigramme (8) (Epigramme); Vom Eise befreit... (Frühlingsgedichte); Wandrers Nachtlied (1); Wandrers Nachtlied (2); Willkommen und Abschied; Woher sind wir geboren... (Valentinstag-Gedichte); Wonne der Wehmut (Liebeskummer-Gedichte); Zart Gedicht, wie Regenbogen... (Melancholische Gedichte); Zum neuen Jahr (Neujahrsagedichte).

Gonsui, Ikenishi - 1650-1722. Japanischer Haikudichter.

Gedichteauswahl:
Vom Wintersturm blieb... (Wintergedichte u. Haiku).

Gottfried von Straßburg - gestorben ca. 1220. Über sein Leben können nur Vermutungen angestellt werden. Dass er in Gelehrsamkeit und Bildung auf der Höhe seiner Zeit war, bezeugt sein unvollendetes höfisches Versepos "Tristan und Isolde", einer der Gipfelpunkte mittelhochdeutscher Literatur auch hinsichtlich der Sprachgebung. Außer diesem mit seinen knapp 20000 Versen werden ihm nur zwei Strophen Spruchdichtung zugeschrieben.

Gedichteauswahl:
Liute unde lant... (Leute und Land...; Politische Gedichte).

Gray, Thomas - 26.12.1716, Cornhill/London - 30.7.1771, Cambridge. Sohn des Londoner Stadtschreibers und einer Putzmacherin, die ihn in Eton und Cambridge klassische Litertur und Jura studieren ließ. Europareise mit dem Schriftsteller Horace Walpole, dann Privatgelehrter und Professor für zeitgenössische Literatur in Cambridge. - Als Dichter noch dem Spätklassizismus zugehörig, bildet er in seiner Aufgeschlossenheit einen Übergang zur Romantik. Seine Elegy Written In A Country Churchyard ist eines der berühmtesten englischen Gedichte überhaupt und löste in ganz Europa eine Welle von Kirchhofpoesie aus. Doch schrieb er auch heitere Gedichte, erforschte und übersetzte keltische und nordische Dichtungen.

Gedichteauswahl:
Elegie, geschrieben auf einem Dorfkirchhof (Englische Gedichte).

Grillparzer, Franz - 15.1.1791, Wien - 21.1.1872, Wien. Sohn eines Hof- und Gerichtsadvokaten, Studium der Rechts- und Staatswissenschaft, nach Hauslehrerstellen ab 1815 beim Wiener Finanzministerium. Zwischenzeitlich Reisen und Kontakte mit den wichtigsten Literaten seiner Zeit. Nach dem Misserfolg des Dramas "'Weh dem, der lügt" (1838) verzichtete er auf Veröffentlichung seiner weiteren Dramen; 1856 mit dem Titel Hofrat pensioniert. - Gilt als bedeutendster österreichischer Dramatiker, der ein spätromantisch-biedermeierliche, melancholische Erlebnisweise mit zukunftsweisender Psychologisierung verband. Er schrieb weiterhin bittersarkastische Epigramme, eher spröde Gedankenlyrik, berühmte Erzählungen ("Der arme Spielmann", 1848), Kritiken, Tagebuch und eine Autobiographie.

Gedichteauswahl:
Dezemberlied (Windergedichte); Gold und Silber (Hochzeitsgedichte); In ein Stammbuch (Freundschaftsgedichte); In Politik zwei wichtge kleine Dinger... (Politische Gedichte); Jubelfeier (Geburtstagsgedichte); Kuss (Erotische Gedichte); Regel (Epigramme) Werde, was du noch nicht bist ... (SMS-Gedichte);.

Grimm, Hermann - 6.1.1828, Kassel -16.6.1901, Berlin. Sohn des Märchensammlers und Germanisten Wilhelm Grimm, von klein auf im Umgang mit den wichtigsten Kulturvertretern, juristische und philologische Studien, Lehrstuhl für Neue Kunstgeschichte in Berlin. Forschte vor allem über Renaisancekünstler und Goethe (Mitbegründer der Goethe-Gesellschaft), bedeutender Essayist.

Übersetzungen:
Michelangelo Buonarotti: Hier am äußersten Rande... (Trauergedichte).

Grün, Anastasius - 11.4.1806, Laibach/Krain - 12.9.1876, Graz; eigentlich Anton Alexander Graf Auersperg. Kindheit auf dem Stammschloß, Ritter- und Ingenieurakademie, Studium der Philosophie und Jura. Verwaltete das Familiengut, ab 1848 im Frankfurter Vorparlament als Liberaler und Nationalist politisch aktiv. - Der erster politische Lyriker des Vormärz, wurde Wortführer und Vorbild des Jungen Deutschland, seine in Gleichnissen und Rhetorik überreiche Dichtung konnte sich jedoch nicht dauerhaft durchsetzen.

Gedichteauswahl:
Im Winter (Windergedichte).

Andreas GryphiusGryphius, Andreas - 2.10.1616, Glogau/Schlesien - 16.7.1664, Glogau. Sohn eines evangelischen Archidiakons, absolvierte das Gymnasium, Hauslehrer, Studium alter und neuer Weltsprachen, hielt Vorlesungen, Reisen durch ganz Europa, ab 1650 Syndikus der Stände seines heimatlichen Fürstentums. - Bedeutendster Dichter und Dramatiker des deutschen Hochbarock, geprägt von Pessimismus und den Schrecken des Dreißigjährigen Krieges, Vanitas und religiöser Hoffnung. Schrieb heroische Trauerspiele, Märtyrertragödien, possenhafte Lustspiele uind Schäferkomödien; Vorliebe für grelle Effekte. Als Lyriker formgewandt mit Oden, Sonetten und Epigrammen, voll Pathos und düsterem Ernst.

Gedichteauswahl:
Abend; An die Sternen; Andreas Gryphius über seine Sonn- und Feyertags Sonnette; An eine Geschminckte; Auff H. Baums und Jungfrau Annae Mariae Gryphiae Hochzeit; Betrachtung der Zeit (Zeit-Gedichte); Die Hölle; Es ist alles eitel; Grabschrifft eines gehenckten Seilers (Epigramme); Grabschrifft Laelii, welcher sich selbst erschossen (Epigramme); Menschliches Elende (Gedichte vom Leben); Thränen des Vaterlandes, Anno 1636 (Kriegsgedichte); Thränen in schwerer Kranckheit; Über die Geburt Jesu; Über Nicolai Copernici Bild; Vanitas! Vanitatum Vanitas!.

Gumppenberg, Hanns Freiherr von - 4.12.1866, Landshut - 29.3.1928, München, Nach Studium der Philosophie und Literatur freier Schriftsteller, Redakteur, Kabarettist und Theaterkritiker. Er schrieb weltanschauliche und historische Dramen und Lustspiele; als Gedankenlyriker ein glänzender Parodist der literarischen Moden seiner Zeit.

Gedichteauswahl:
Ein Jahr ist nichts... (Neujahrsgedichte).

Günther, Johann Christian - 8.4.1695, Striegau/ Schlesien - 15.3.1723, Jena. Arztsohn, Medizinstudium bis 1717, wobei er mit seinen Gedichten Aufsehen erregte. Als sich sein Vater wegen seiner literarischen Ambitionen von ihm abwandte, und alle Bemühungen, Anstellung und Förderer zu finden, vergeblich blieben, lebte er im Kampf gegen Armut und eine ihn bald dahinraffende Erkrankung (wahrscheinlich Tuberkulose). - Günther gilt als bedeutendster deutscher Lyriker im frühen 18. Jahrhundert. Formal und zeitlich noch dem Barock zugehörig, überwindet er dessen starre Stilistik durch unkonventionelle Emotionalität und individuelles seelisches Erleben. Die große Spannweite seiner lyrischen Stimmungen und Formen passte noch nicht in seine Lebenszeit und ließ ihn zu einem tragisch-verkannten Vorläufer des Sturm und Drang werden.

Gedichteauswahl:
Lob der Freundschaft (Freundschaftsgedichte).

 

Lexikon:  H-Q   R-Z  -  Lyrik-Lesezeichen-Startseite

Fussgrafik der Gedichte-Anzeige